Wenn Wärme zur Gefahr wird

Dieter Meschner, unser Wärmebehandlung-Experte erzählt von einem Klassiker aus der Praxis:
Es ging um einen Vergütungswerkstoff 1.7225 (42CrMo4) mit einer Abmessung von ø250mm der nachvergütet werden sollte um eine höhere Festigkeit als handelsüblich zu erzielen. Bei der Bestellung der Wärmebehandlung wurde nur die gewünschte Festigkeit angegebenen und nicht darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um einen vorvergüteten Werkstoff handelt. Erschwerend kam noch hinzu, dass der Wärmebehandler nicht danach gefragt hat. Eine genaue Abstimmung zwischen Wärmebehandlung und Werkstoffzustand ist jedoch entscheidend. Denn nun wurden nach der Wärmebehandlung Längsrisse festgestellt. Der Kunde war verzweifelt und schnell auf der Suche nach einem neuen Lieferanten. Bei HSM® traf er mit Dieter Meschner auf einen Experten.
Was ist passiert bzw. worauf sollte man achten um Gefügespannungen/ Risse zu vermeiden:
- Unbedingt den Zustand des Materials angeben: weichgeglüht oder vorvergütet
- Falls Material vorvergütet: bei größeren Abmessungen unbedingt weichglühen und härten anfragen
- Wichtig für die Wärmebehandlung: Vorwärmen, Härten, nicht so heiß waschen, zeitnah Anlassen
Warum Wärmebehandlung entscheidend ist
Die Wärmebehandlung spielt in der Metallverarbeitung eine zentrale Rolle. Sie entscheidet darüber, ob ein Bauteil den Anforderungen im späteren Einsatz gewachsen ist oder ob es, wie in unserer Geschichte, zu einem teuren Reinfall wird.
Sonderfall: Wärmebehandlung von Aluminium
Im letzten Blogbeitrag ging es um die Bearbeitung von Aluminium. Heute möchten wir diesen Werkstoff mit dem Thema Wärmebehandlung verknüpfen. Das Material hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem unverzichtbaren Werkstoff entwickelt, der in zahlreichen Industrien von der Luftfahrt bis zur Automobilindustrie zum Einsatz kommt.
Dennoch bleibt eine der häufigsten Fragen, die wir am Telefon hören:
„Kann man Aluminium wärmebehandeln?“
Die Antwort ist: Ja – aber nicht jede Legierung eignet sich dafür und der Prozess ist komplexer als bei Stahl.
Wie funktioniert die Wärmebehandlung von Aluminium?
Die Wärmebehandlung von Aluminium ist ein Verfahren zur gezielten Veränderung der Materialeigenschaften. Während Stahl durch Wärmebehandlung drastische Veränderungen erfährt, ist Aluminium in seiner Reaktion subtiler – aber nicht weniger entscheidend für die spätere Performance.
Je nach Legierung und gewünschtem Endzustand kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz:
- Abschrecken – Für eine homogene Struktur
- Auslagern – Für höhere Festigkeit
- Altern – Für langfristige Stabilität
Schauen wir uns die einzelnen Schritte genauer an:
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Abschrecken – Die Weichenstellung für Festigkeit
Beim Abschrecken wird das Aluminium zunächst auf eine hohe Temperatur erhitzt (z. B. 500–550 °C für die 2xxx-Serie) und dann abrupt in Wasser oder ein spezielles Abschreckmittel getaucht. Das Ziel: Eine gleichmäßige Gefügestruktur ohne unerwünschte Ausscheidungen.
Doch genau hier passieren viele Fehler. Eine falsche Temperatur oder eine zu langsame Abkühlung kann dazu führen, dass Spannungen im Material entstehen, die später zu Rissen oder Verformungen führen.
Experten-Tipp: Die Wahl des richtigen Abschreckmediums ist entscheidend. Wasser kühlt sehr schnell ab, während Öl oder Polymere eine sanftere Abkühlung ermöglichen. -
Auslagern – Die Kraft steckt im Detail
Nach dem Abschrecken wird das Aluminium häufig einer Auslagerung unterzogen – ein Prozess, bei dem das Material über mehrere Stunden bei niedriger Temperatur (150–200 °C) „reift“.
In dieser Phase ordnen sich die im Material gelösten Atome neu an und sorgen für eine signifikante Steigerung der Festigkeit – ein Prozess, der auch als Ausscheidungshärtung bekannt ist.Wussten Sie, dass einige Aluminiumlegierungen erst nach mehreren Tagen ihre maximale Festigkeit erreichen?
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Altern – Der Langzeit-Effekt
Das Altern erfolgt entweder kontrolliert im Ofen oder über einen längeren Zeitraum bei Raumtemperatur. Besonders Legierungen der 2xxx- und 7xxx-Serie profitieren davon, da ihre Mikrostruktur durch diesen langsamen Prozess noch weiter optimiert wird.
Auslagern und Altern kann zudem je nach Legierung auch die Korrosionsbeständigkeit verbessern
Gut zu wissen: Unkontrolliertes Altern kann auch zu einer unerwünschten Versprödung führen – hier ist exakte Prozesskontrolle gefragt.
Die Herausforderung: Nicht jede Legierung ist gleich
Nicht jedes Aluminium verhält sich gleich unter Wärme. Hier ein Überblick über die wichtigsten Legierungsgruppen:
- 1xxx-Serie: Nahezu reines Aluminium, kaum wärmebehandelbar.
- 2xxx-Serie: Hohe Festigkeit, gut für Abschrecken geeignet.
- 6xxx-Serie: Mittlere Festigkeit, benötigt eine gezielte Wärmebehandlung.
- 7xxx-Serie: Extrem fest, aber reagiert sehr empfindlich auf Überhitzung, was zum Verlust der Festigkeit führt.
Experten-Fazit: „Das Geheimnis einer erfolgreichen Wärmebehandlung liegt in der exakten Abstimmung von Temperatur, Zeit und Legierung. Ein kleiner Fehler kann große Auswirkungen haben.“
Präzision ist alles: Warum Temperaturkontrolle entscheidend ist
Die größte Herausforderung in der Wärmebehandlung ist die exakte Temperaturkontrolle. Ein zu heiß oder zu kalt geführter Prozess kann:
- Risse verursachen
- gewünschte Festigkeit nicht erreichen
- Korrosionsbeständigkeit negativ beeinflussen
Präzise Messgeräte und eine strenge Überwachung jedes einzelnen Schritts sind daher unverzichtbar. Im Anschluss ist zudem die Analyse des Mikrogefüges wichtig, um sicherzustellten, dass keine unerwünschten Phasen oder Mikrorisse entstanden sind.
Fazit: Wärmebehandlung – Kleine Unterschiede, große Wirkung
Die Geschichte von Dieter Meschner zeigt, wie entscheidend Präzision in der Wärmebehandlung ist. Wer sich mit Aluminium beschäftigt, muss wissen: Nicht jede Legierung ist gleich, und eine falsche Wärmebehandlung kann teure Folgen haben. Ob in der Luftfahrt oder im Fahrzeugbau – die richtige Wärmebehandlung macht den Unterschied zwischen einem langlebigen, hochfesten Bauteil und einem teuren Produktionsfehler. Haben Sie Fragen zur optimalen Wärmebehandlung? Kontaktieren Sie unseren Experten Dieter Meschner.
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